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Dag Reinbott / www.terrasound.de
Die Villa Carlshall - Vergangenheit und Zukunft
Stand 07.02.2023: 75 Fotos
Die Ruine der Villa Carlshall steht in Schönebeck in der Straße
Hoher Weg 11. Über dem Eingangsportal befindet ein Ornament mit einem > H <, denn das ehemalige Jagdschloss war 1860 im Besitz des Stadtverordnetenvorstehers Gustav Hoyer.
Ein weiteres Ornament am Giebel enthält die Jahreszahl 1898, die Jahreszahl für den Umbau des Jagdschlosses zu einer imposanten Villa.
Überliefert ist, dass die Villa Carlshall für die Übernachtungen von Friedrich Karl Alexander Prinz von Preußen eingerichtet wurde. Er weilte oft in der Funktion eines hohen Preußischen Offiziers in Magdeburg und der Umgebung.
Die Villa wurde später der Wohnsitz von der Familie Wolfgang Wanckel, einem Sohn des Spediteurs Oskar Wanckel.
Wir möchten hier an dieser Stelle noch einige wichtige Informationen einflechten. Herr Frank Lüdicke hat uns wertvolle Informationen zu den letzten Besitzern der Villa Carlshall, Arno und Dagmar Jans, geb. Wanckel gegeben, welche wir im gekürzten Wortlaut hier wiedergeben möchten:
Carlshall zu DDR-Zeiten:
Bemerkungen von Paul Lüdicke Rechtanwalt Arno Jans:
"Im Schloss befand sich eine naturkundliche Sammlung des Voreigentümers. Dagmar war Alleinerbin. Der größte Teil befand sich im Keller, der unter Wasser stand. Arno hat das Wasser nicht wegbekommen. Dann hat er mit seinen Söhnen das Dach instandgesetzt, insbesondere an den Schornsteinen.
Und plötzlich ging das Wasser weg. Alles Regenwasser. Jetzt kam er an alles heran. Er restaurierte vieles.
Er hatte goldene Hände. Dann verkaufte er und Dagmar vieles. Einen Atlas oder Weltkarte vom Verlag Haak. Erstausgabe!
Von einem Antiquariat erhielt er über 20.000.- Mark der DDR und eine Kaufgenehmigung für einen Shiguli (ein russisches Auto zu DDR-Zeiten). Es gab wohl noch 3 Stück davon. Eine Karte sollte sich in England befinden. Nach der 3. suchte er vergebens weiter. Jetzt bekam das Finanzamt Wind von den Verkäufen (Schalk Golotkowsky). Es wurde ein Steuerverfahren eingeleitet und ein unbezahlbarer Betrag festgelegt.
Hier noch einige Ergänzungen zur Fam. Jahns: Arno und Dagmar waren verheiratet. Aus dieser Ehe ist kein Kind hervorgegangen. Dagmar hatte auch aus erster Ehe keine Kinder. Arno hatte aus erster Ehe Kinder. Ein Sohn war bei der Polizei in Magdeburg. Dagmar hatte noch eine Nichte und einen Neffen in Hamburg. Der Neffe hieß Endres, od. so ähnlich. Er studierte Jura. Der letzte Eigentümer der Schiffswerft und vom Schloss wurde nach 1945 verurteilt und enteignet.
Angeblich hat er Fremdarbeiter schlecht behandelt (Gefangene). Nach der Wende konnten wir mit Zeugen nachweisen, dass dies falsch war. Ich habe das Rehabilitationsverfahren beantragt. Er wurde freigesprochen.
Die Enteignung blieb, da sie nach einem SMAD-Befehl erfolgt sei. So blieb alles Volkseigentum..."
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Wir danken Herrn Paul Lüdicke für diese wertvollen Informationen.
Wir erhielten ein Schreiben von Herrn Jörg Möller. Wir möchten in groben Zügen wiedergeben, was er uns mitteilt:
..." Dagmar war die Lebensgefährtin meines Vaters und lebte seit 1993 in Hochheim in Thüringen bei Gotha. Mit Arno Jahns lebte sie in Trennung und ließ sich scheiden. Wie ich weiß hat Herr Jahns vieles veräußert..."
..."Carlshall stand schon seit den 90er Jahren zum Verkauf, weil ein Unterhalt und Renovierung finanziell nicht machbar war. Als die letzten Mieter ausgezogen waren wurde mehrfach eingebrochen und es gab mehrere Brände bis zum Vollbrand"...
"Die Enteignung war nicht 1945, sondern 1953"...
"In Hamburg wohnen Nina und Endress. Das sind keine Nichten, sondern Geschwister" ... "in Dayton /Ohio USA wohnt Uta, die Schwester noch"... Dagmar ist 2020 im März verstorben"...
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Der neue Eigentümer ist der Bauunternehmer Alexander Elsner, der auch die auf dem Grundstück befindlichen ehemaligen Industriebgebäude zu Wohnungen umbaut.
Uns bleibt an dieser Stelle zurzeit leider nur übrig den traurigen Rest dieser stolzen Villa zu zeigen. Sie wird wohl erst nach dem Umbau der restlichen Gebäude wieder zu einer schmucken Villa werden.
Die Informationen zu dem Gebäude vor dem Brand im Oktober 2008 stammen aus Gesprächen mit einer Verwandten der Familie Wanckel,
der Tochter des Fotografen Otto Nilius, Waltraud Jäger und Frank Lüdicke, sowie aus dem Schriftverkehr mit einer Bekannten des Urenkels von Wolfgang Wanckel und aus Veröffentlichungen im Internet:
http://www.uni-magdeburg.de/mbl/Biografien/1689.htm
Literatur:
Priesdorff 4, 468–471 (B); Brockhaus Conversations-Lexikon, 131885, 134;
Gustav Hertel/Friedrich Hülße,
Friedrich Wilhelm Hoffmanns Geschichte der Stadt Magdeburg, Bd. 2, 1885, 472, 481, 483, 488, 512, 525, 541, 547;
Wilhelm Schulze, Aus der Geschichte der Stadt Schönebeck, Ms. 1962, 608f.;
Dr. Hans-Joachim Geffert, Baudenkmale im Kreis Schönebeck, 1988, 33.
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